„Möchte leben wie jeder andere auch“
Menschen: Vor 14 Jahren ist Jasmin Al Mahdi aus Kuwait als Asylbewerberin nach Neustadt gekommen
Von Ellen Korelus-Bruder
Jasmin Al Mahdi kam vor 14 Jahren als Asylbewerberin nach Neustadt. Erst seit zwei Jahren hat sie ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht. Die deutsche
Staatsbürgerschaft wird ihr noch verwehrt. In Speyer hat sie eine Ausbildung zur Arzthelferin begonnen.
„Ich bin genau so deutsch wie die Deutschen“: Davon ist Al Mahdi überzeugt. Geboren im Emirat Kuwait, sei sie im Alter von vier Jahren zur Jahrtausendwende
mit ihren Eltern und den beiden älteren Schwestern nach Deutschland gekommen, berichtet sie von der bedrohlichen
Lage, in der sich die Familie befunden habe. „Meine Mutter ist Palästinenserin, mein Vater Sudanese.“Mit vier Jahren zu jung, um das alles
zu begreifen, habe sie die Flucht als großes Abenteuer erlebt, sagt sie. Die Asylbewerber-Familie sei in Neustadt untergebracht worden. Dort
habe sie Kindergarten und Schule besucht und danach zwei Jahre Mediengestaltung gelernt. Deutsch spreche sie weitaus besser als arabisch,
integriert sei sie überall, erzählt Jasmin Al Mahdi vom stabilen Freundeskreis, ihrem Engagement für die Neustadter FWG, für bessere
Deutschkenntnisse jugendlicher Migranten und für syrische Flüchtlinge, die sie bei Sprachproblemen und praktisch unterstützt: „Ich weiß nur zu gut,
wie sie sich fühlen.“
„Aufenthaltsstatus habe ich seit zwei Jahren, die deutsche Staatsbürgerschaft immer noch nicht“, beklagt Al Mahdi die ungeliebte Duldung. Auch nach
14 Jahren fühlt sie sich nicht willkommen in dem Land, in dem sie ihre Zukunft sieht. „Ich lerne und arbeite und keiner erkennt das an“, sagt sie voller
Ungeduld. Ihre Eltern hätten Aufenthaltsgenehmigungen, „solange sie eine Beschäftigung nachweisen können“, beschreibt sie die Angst vor Abschiebung,
die in ihrer Familie stets gegenwärtig sei.
Ihre Kinderzeit hätten Warten, Enttäuschung und Frustration geprägt, schildert Jasmin Al Mahdi Situationen wie ihren Ausschluss von einer Klassenfahrt nach
Frankfurt in ihrem vierten Schuljahr: „Dass Asylsuchende ihren Wohnort nicht verlassen dürfen, kann ein kleines Mädchen nicht verstehen.“ Ihren ersten Urlaub
habe sie mit ihrer Familie – zwei jüngere Geschwister sind in Deutschland geboren – 2013 Jahr in Ägypten verbracht. „Schön war das nicht“, erzählt sie vom
Einreiseverbot der Mutter mit palästinensischem Pass. „Zwei Tage war sie in Haft, wurde dann zurückgeschickt.“
„Ich will leben wie jeder andere auch“, erklärt die junge Frau und fragt: „Was wäre Deutschland ohne Ausländer?“ „Unfair, ungerecht“: Die Worte fallen ihr ein, wenn
sie an deutsche Gesetze und Verwaltungen im Zusammenhang mit Flüchtlingen denkt. „Überglücklich und reich beschenkt“ fühle sie sich an ihrem Arbeitsplatz, erzählt
Al Mahdi von der Selbstverständlichkeit, mit der sie vor drei Monaten als eine von drei Azubis von den Ärzten und Kollegen in der Speyerer Praxis aufgenommen worden
sei. „Ihnen kann ich vertrauen“, sagt sie. 2017 ist sie mit der Ausbildung zur medizinischen Fachkraft fertig. „Am liebsten würde ich in der Praxis bleiben“, hofft sie auf
Übernahme nach bestandener Prüfung.
Quelle
Ausgabe Die Rheinpfalz – Mittelhaardter Rundschau – Nr. 302
Datum Mittwoch, den 31. Dezember 2014
Seite 18