DIE RHEINPFALZ, 18.05.15
Meinung am Montag: Beigeordneter Georg Krist hofft auf viele Vermittlungen beim „Handwerkertag“ im Ratssaal
Welche Ausbildungsangebote gibt es bei hiesigen Handwerksbetrieben? Antworten auf diese Frage und viele weitere Infos verspricht der städtische Beigeordnete Georg Krist (FWG) für eine Infoveranstaltung mit der Kreishandwerkerschaft, der Volkshochschule sowie dem Verein für Bildung und Integration am Donnerstag, 21. Mai, ab 18 Uhr im Neustadter Ratssaal.
Herr Krist, Sie haben einen Bürojob. Hätten Sie sich auch vorstellen können, beispielsweise Schreiner oder Kfz-Mechaniker zu werden?
Schreiner nicht, sehr wohl aber Kfz-Mechaniker. Mit einem Jugendfreund, der heute Kfz-Meister ist und bei einem international anerkannten Zulieferer arbeitet, reparierte ich als Schüler ältere Pkw bis hin zur Tüv-Reife, die wir dann veräußerten. Sein Talent war größer als meines, was sich in der beruflichen Entwicklung niedergeschlagen hat.
Warum hat das Handwerk aus Ihrer Sicht so große Probleme, gute Nachwuchskräfte zu finden?
Die Nachwuchssorgen haben zwei wesentliche Facetten. Zum Einen ist das Handwerk – wie unsere Wirtschaft generell – in hohem Maße technisiert. Das verlangt von den Auszubildenden, Gesellen und Meistern neben den klassischen „hand“-werklichen Fähigkeiten ingenieurähnliches Wissen. Zum Anderen – und hierin liegt das größte Dilemma – bleiben die Schulabschlüsse immer weiter hinter den Anforderungen der Berufsausbildungen zurück. Die Unterrichtsinhalte beziehen sich zu wenig auf das, was von Auszubildenden im Handwerk – und in anderen Bereichen – verlangt wird. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Nachwuchssorgen sind keineswegs nur quantitativ-demografisch begründet, sondern liegen vor allem in der qualitativ verbesserungsbedürftigen Schulbildung.
Was zeichnet das deutsche Handwerk aus Ihrer Sicht besonders aus?
Das deutsche Handwerk ist Träger unseres weltweit einzigartigen und vorbildlichen dualen Ausbildungssystems, in dem die theoretisch-schulische und die praktisch-berufliche Ausbildung zusammenwirken. Hierin liegt eine Qualitätssicherung für berufliche Leistungen und Entwicklungen, die anders nicht zu erzielen wäre. Zudem hält das Handwerk in der mittelständischen Wirtschaft mit großem Abstand die höchste Ausbildungsquote vor. Darin liegt eine wichtige soziale Errungenschaft für unser Gemeinwesen. Der Gesetzgeber hat beidem geschadet, als er vor einigen Jahren in zahlreichen handwerklichen Branchen den Meisterzwang für die Selbstständigkeit lockerte. Leistungsqualität und Ausbildungsplatzangebot leiden darunter.
Was sind die größten Probleme beziehungsweise Herausforderungen?
Aus meiner Sicht steht das Handwerk wie andere Wirtschaftszweige unter dem Druck internationaler Konkurrenz. Die Herausforderung liegt darin, den Kunden den Qualitätsvorsprung, den es hat, zu vermitteln, so dass sie auch höhere Preise im Vergleich zu Billiganbietern akzeptieren. Unsere Betriebe müssen dafür stets werben und durch Kundennähe überzeugen. Aber auch die Kommunalpolitik ist gefordert: Wir müssen die rechtlich zulässigen Möglichkeiten der beschränkten Ausschreibung von Aufträgen der öffentlichen Hand konsequent nutzen, um das regional aufgestellte, legal arbeitende Unternehmertum zu unterstützen.
Was erwartet die Besucher der Veranstaltung am Donnerstag, und was erhoffen Sie sich von dem Tag?
Handwerker werden ihre Tätigkeitsfelder und Berufsbilder vorstellen, ebenso konkrete Ausbildungs- und Praktikumsangebote. Interessenten können Fragen stellen und sich auch persönlich mit ihren Wünschen nach Ausbildung vorstellen. Ich hoffe auf rege Teilnahme und viele Ausbildungsvermittlungen. Auf diese Weise können wir es schaffen, denjenigen, die sich durch erfolgreiche sprachliche Integration qualifiziert haben, weitere soziale und wirtschaftliche Fortschritte näher zu bringen. Ich beabsichtige, auch andere Wirtschaftszweige vergleichbar einzubinden und in einer Serie „Neustadter Gespräche für Bildung und Wirtschaft“ immer wieder den Ausbildungsmarkt zu bereichern.
Interview: Steffen Gal