Dass die Koalition aus CDU, Grünen und FDP eine Umwandlung der RS+ in eine IGS ablehnt, nimmt die Freie Wählergruppe Neustadt mit größter Enttäuschung und völligem Unverständnis zur Kenntnis. Die Erklärung, die die Koalition hierzu abgibt, zeigt in ihrer Argumentation und Gangart allerdings auch, mit welcher Unkenntnis der schulischen Situation in Neustadt, mangelnder Gesprächsbereitschaft gegenüber den Betroffenen und chaotischer Vorgehensweise hier vollendete Tatsachen geschaffen werden.
Dass sich die Koalition trotz, sowohl in politischer wie auch schulischer Hinsicht, heute völlig veränderter Verhältnisse stur an ihren Koalitionsvertrag halten möchte, offenbart nach unserer Ansicht wie wenig Realitätssinn, Veränderungswillen und Empathievermögen hierzu vorhanden sind. Mit ihrer gemeinsamen Erklärung schlägt die Koalition allen Betroffenen, Eltern, Schülern und Lehrern, die Tür vor der Nase zu und verneint damit auch diese hören zu wollen.
Vor allem die Haltung der Grünen im Stadtrat sowie deren Basis, die die derzeitige Festlegung gegen eine IGS ohne Murren akzeptiert, überrascht uns. Im Land regieren Bündnis 90/Die Grünen mit der SPD und in deren Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass sie „die Errichtung weiterer Integrierter Gesamtschulen unter Sicherung des Qualitätsniveaus unterstützen“ wollen. Das gilt hier in Neustadt aus besonderem Grund augenscheinlich nicht.
Die Freien Wähler gehen im Gegensatz zur Koalition von einer Stärkung der Gymnasien und der Oberstufe der BBS, vor allem hinsichtlich ihrer inhaltlichen und pädagogischen Arbeit, aus. Gerade nämlich dann, wenn zur Bereicherung der Schullandschaft eine IGS eingerichtet wird und die Stadt auf die Bemühungen der Gymnasien bei der Ausbildung eigener Profile, wie beispielsweise die Bereitschaft des Leibniz-Gymnasiums ein echtes Ganztagsangebot zu etablieren, reagieren würde. Mit Blick auf die zum Teil sehr beengten Raumsituationen sehen die Freien Wähler hier ebenfalls eine Möglichkeit der Entlastung der Gymnasien.
Die Freien Wähler wollen allen Schülern entsprechend ihrer Anstrengungs- und Leistungsbereitschaft eine echte Chance auf den individuell höchsten Schulabschluss ermöglichen und scheiternde Schulkarrieren tunlichst verhindern. Das ist nach Ansicht vieler Eltern und nach Ansicht der Freien Wähler mit der derzeitigen Situation in der Neustadter Schullandschaft oftmals nicht möglich. Denn warum sollten sonst so viele Eltern ihre Kinder in Schulen umliegender Kreise und Kommunen schicken?
Eine IGS würde Eltern demnach eine zusätzliche und vor allem vertrauensvolle Alternative für ihre Kinder am Standort Neustadt bieten. Denn Kinder mit Potential zur mittleren Reife füllen, was die Koalition anscheinend nicht weiß oder bewusst ignoriert, jährlich ganze Klassen in den umliegenden Realschulen Plus oder IGS außerhalb Neustadts. Während am Standort Neustadt die Realschule Plus viele Schüler mit dem Ziel der mittleren Reife gänzlich verliert und so dieser Schulstandort einer außerordentlich großen Schwächung unterliegt. Für die auspendelnden Schüler bedeutet dies außerdem zum Teil sehr weite Wege, die sie zu einer Schule ihres Vertrauens auf sich nehmen. Das ist nicht im Sinne der Freien Wähler und darf auch nicht im Sinne der Neustadter Bildungs- und Schulpolitik sein.
In der Bewertung der Neustadter Bildungslandschaft sehen auch wir Freien Wähler es schon lange für notwendig an, den Schulstandort tatsächlich überregional, aber dringend auch einem Mittelzentrum angemessen, zu sehen. So gelänge es viele auspendelnde Schüler hier in Neustadt zu halten und zudem noch Schüler aus den umliegenden Kreisen nach Neustadt in die IGS zu lotsen.
Die Freien Wähler fordern daher von Schuldezernentin Blarr einen fundierten Terminplan für die Beantragung und Einrichtung einer IGS, die bis spätesten 31. März 2016 beim Ministerium gestellt werden muss, vorzulegen und alle notwendigen Vorbereitungen zur schnellstmöglichen Errichtung eine IGS zu treffen. Die Koalition fordern die Freien Wähler dazu auf die Weichen hierfür entsprechend zu stellen. Die Voraussetzungen waren nie besser, da auch das Kollegium der RS+ in Neustadt-Böbig nach heutigem Kenntnisstand überzeugte Zustimmung signalisiert.
Margarete Hoffmann, schulpolitische Sprecherin
DIE RHEINPFALZ berichtete hierzu am 13.5.
Jamaika-Koalition: Klares Nein zur Gesamtschule
Die Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP lehnt eine Umwandlung der Realschule plus in eine Integrierte (IGS) Gesamtschule derzeit ab. Das haben die Fraktionsvorsitzenden Clemens Stahler (CDU), Kurt Werner (Grüne) und Matthias Frey (FDP) mitgeteilt.
Wie berichtet, wünschen Lehrer und Eltern der Realschule plus einen IGS-Antrag der Stadt ans Land, der von der SPD und den Freien Wählern unterstützt wird. 2013 habe der Stadtrat beschlossen, die IGS-Pläne nicht weiter zu verfolgen, heißt es in der gemeinsamen Erklärung von „Jamaika“. Daran fühle sich die Koalition weiter gebunden. Eine IGS würde den Bestand der drei Gymnasien oder der Oberstufe bei der Berufsbildenden Schule (Technisches Gymnasium) gefährden. Zudem müssten Schüler mit Realschulempfehlung mit Ablehnungen rechnen und dann in die Landkreise ausweichen. Die Befürworter der IGS würden sich aus taktischen Gründen nur auf eine Schulform konzentrieren und die Schullandschaft in ihrer Gesamtheit aus dem Blick verlieren.
DIE RHEINPFALZ vom 20.05.15:
„Nicht unter Druck setzen“
Waltraud Blarr besteht darauf, über eine IGS nichtöffentlich zu beraten
Beigeordnete Waltraud Blarr (Grüne) hat für den 27. Mai eine Sitzung des Schulträgerausschusses angesetzt – allerdings teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das kritisieren die Oppositionsparteien SPD und FWG.
Wie berichtet, wollte die Schuldezernentin Blarr zu der Sitzung ursprünglich erst für Juli einladen. Sie ist gegen ein „vorschnelles Votum“ für eine Integrierte Gesamtschule (IGS) und will erst im neuen Jahr einen Schulentwicklungsplan verabschieden. Daraufhin wurde sie mit den Stimmen der sechs Ausschussmitglieder von SPD und Freien Wählern sozusagen zu der Mai-Sitzung gezwungen. Der Schulträgerausschuss hat mit Blarr 15 Sitze. Wenn ein Viertel der Mitglieder eine Sitzung beantragt, muss sie durchgeführt werden.Gestern Morgen war die Sitzung noch komplett nichtöffentlich. Blarr erklärte dazu, aus Gründen der Gleichbehandlung aller Schulen die Sitzung, die sie nicht für sinnvoll erachte, nichtöffentlich abzuhalten. „SPD und FWG fordern ja, dass wir Vertreter der Realschule plus zu einem IGS-Antrag hören. Wenn wir das tun, müssten wir Vertreter aller weiterführenden Schulen einladen. Das halte ich aber nicht für sinnvoll, weil ich mit den Schulleitern erst selbst reden will. Ich hatte bislang nur Kontakt mit Eva Hammann von der Realschule plus. Sie nun alleine in einer öffentlichen Sitzung reden zu lassen, wäre eine einseitige Positionierung zugunsten der Realschule“, argumentiert sie.
Die Opposition ist anderer Meinung. „Sitzungen sind nichtöffentlich, wenn sie der unmittelbaren Vorbereitung einer Stadtratssitzung dienen oder Persönlichkeitsinteressen berührt werden. Beides ist hier nicht der Fall“, sagte der FWG-Fraktionsvorsitzende Marc Weigel. Blarrs Begründung, das IGS-Thema nichtöffentlich zu behandeln, sei absurd.
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Gisela Brantl erinnerte an verschiedene Anträge der Grünen unter der damaligen Fraktionsvorsitzenden Waltraud Blarr. „Die Grünen haben im April 2012 öffentliche Ausschusssitzungen gefordert, Frau Blarr hat den Antrag unterschrieben. Zu Beginn der Legislaturperiode hat sie eine Änderung der Geschäftsordnung gefordert und von größtmöglicher Transparenz gesprochen. Jetzt gilt das alles für die Jamaika-Koalition wohl nicht mehr?“
Brantl kündigte eine rechtliche Überprüfung des Ausschlusses der Öffentlichkeit an. Wenige Stunden später teilte Blarr mit, dass sie nach Rücksprache mit der Verwaltung bereit sei, über die Tagesordnungspunkte Schulentwicklungsplan und Transferagentur öffentlich zu beraten. „Das sind Punkte, bei denen ich nur informiere, was ich bereits ja schon im Stadtrat getan habe“, erklärte sie. Der Tagesordnungspunkt IGS mit den Vertretern der Realschule bleibe aber auf jeden Fall nichtöffentlich.
Auf die Frage, ob das nicht im Widerspruch zu ihren Forderungen der Vergangenheit nach mehr Öffentlichkeit in Ausschusssitzungen stehe, sagte die Dezernentin: „Darum geht es überhaupt nicht. Ich werde doch hier von der Opposition unter Druck gesetzt. Ich lasse mir meinen Arbeitsrhythmus nicht aufzwingen. Wenn wir die Sitzung, wie von mir gewünscht, im Juli durchgeführt hätten, wäre es für mich kein Problem gewesen, in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Unter dem Zeitdruck, den einige machen wollen, bin ich dazu nicht bereit.“ (wkr)
Kommentar
Retourkutsche
Von Wolfgang Kreilinger
Waltraud Blarr sperrt die Öffentlichkeit aus,
weil ihr ein Oppositionsantrag nicht gefällt.
Die Grünen haben Bürgerbeteiligung stets eingefordert. Es ist erstaunlich, dass die Partei, seitdem sie in den Stadtvorstand eingezogen ist, von Transparenz nichts mehr wissen will. Das zeigt sich auch im Koalitionsvertrag, der eine geheime, nichtöffentliche Passage enthält. Beim Streit um die Öffentlichkeit der Schulträgerausschusssitzung geht es nur vordergründig um Bürgerbeteiligung. Blarrs Wunsch, das Thema IGS öffentlich nicht zu behandeln, ist eine Retourkutsche, weil sie genervt ist, dass die Opposition die Sitzung durchdrückt. Wo ist das Problem, wenn sich die Realschule plus öffentlich präsentiert? Alle sechs weiterführenden Schulen zu laden, ist wenig praktikabel.
Lesen Sie hierzu auch: http://fwg-neustadt.de//pages/topics/ausfuehrliche-stellungnahme-des-fwg-fraktionsvorsitzenden-im-stadtrat-marc-weigel-zur-schulpolitik-und-einer-igs-im-boebig.php